27. November 2012 | M.Sc. Met. Stefan Bach
Das kleinste antarktische Ozonloch seit über 20 Jahren ist geschlossen
Jedes Jahr kommt es über der Antarktis ab August zu einer schnellen
und kräftigen Abnahme der Ozonschicht. Dieses Phänomen wird
antarktisches Ozonloch genannt. In diesem Jahr hat sich das Ozonloch
vor einigen Tagen ungewöhnlich zeitig "geschlossen".
Ozon ist ein aus drei Sauerstoffatomen bestehendes Molekül. Dieses
bei Zimmertemperatur und normalem Luftdruck farblose Gas hat zwei
Gesichter: Am Boden ist es aufgrund seiner oxidierenden Wirkung für
Menschen, Tiere und Pflanzen schädlich, aber in der Stratosphäre (das
ist diejenige Schicht der Atmosphäre, die sich etwa zwischen 11 und
50 km Höhe befindet) schützt das dort befindliche Ozon vor der
schädlichen UV-Strahlung der Sonne.
Gemessen wird der Gehalt an Ozon in sogenannten Dobson-Einheiten
(Dobson Unit - DU). Wenn man das gesamte Ozon aus einer vom Erdboden
bis ins Weltall reichenden Luftsäule nehmen und auf eine Temperatur
von 0 °C und einen Druck von 1013,25 hPa (1 atm), also den
Normaldruck auf der Erde, bringen würde, wäre diese Säule etwa 0,3 cm
(oder auch 0,3 atm-cm) dick. Aus praktischen Gründen definierte man
eine Dobson Unit als 0,001 atm-cm. Daher entspricht eine Säule von
0,3 atm-cm 300 DU. Von einem Ozonloch spricht man, wenn der Wert von
220 DU unterschritten wird.
Der Abbau des Ozons in der Stratosphäre wird neben natürlichen
Quellen (Kreuzblütengewächse, wie zum Beispiel Raps; Vulkanausbrüche)
hauptsächlich durch gasförmige Halogenverbindungen verursacht, die
über einen langen Zeitraum in höhere Atmosphärenschichten
transportiert werden. Vorrangig sind hier die in früherer Zeit durch
den Menschen in die Atmosphäre eingebrachten
Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) zu nennen. Mittlerweile hat
Lachgas (Distickstoffmonoxid) deren Rolle als bedeutendste Quelle
ozonschädlicher Emissionen übernommen. Diese Stoffe sammeln sich
aufgrund getrennter Temperatur- und Strömungsverhältnisse in der
Stratosphäre und können von dort nicht mehr so einfach verschwinden.
Sie dienen als Katalysator für die Reaktion von Ozon zu gewöhnlichem
Sauerstoff.
Die Abnahme der Ozonschicht hat negative Folgen sowohl für den
Menschen als auch für seine Umwelt, da mehr UV-Strahlung auf die
Erdoberfläche gelangt. Sofern man sich nicht dagegen schützt, führt
das beim Menschen zu Hautschäden bis hin zum Hautkrebs.
Aus diesem Grund beschloss man 1987 im "Montreal-Protokoll" das
Verbot der Einleitung von FCKW in die Atmosphäre.
Für das ausgeprägte Ozonloch im antarktischen Frühjahr ist unter
anderem auch die Bildung polarer Stratosphärenwolken (PSC)
verantwortlich. Für gewöhnlich gibt es in der Stratosphäre aufgrund
der dort herrschenden Trockenheit keine Wolken. Wenn aber während der
südlichen Polarnacht die Temperaturen besonders tief sind, können
Reste von Wasserdampf zusammen mit Salpetersäure gefrieren und so die
PSCs bilden. Wenn sich die Dunkelheit in der Polarnacht nun dem Ende
zuneigt, können nun bei Sonnenaufgang (je höher man in der Atmosphäre
ist, desto eher geht die Sonne während der Polarnacht wieder auf)
durch chemische Reaktionen sehr viele Ozon zerstörende Radikale frei
werden.
Dass das Ozonloch auf der Südhalbkugel viel ausgeprägter ist als auf
der Nordhalbkugel, liegt in der Form des antarktischen Kontinents
begründet. Während der Polarnacht entstehen großräumige Höhentiefs,
die sogenannten Polarwirbel. Diese behindern den Zufluss von Luft aus
den tropischen Ozon-Entstehungsgebieten zu den Polen (findet dieser
Zufluss statt, nennt man dies die Brewer-Dobson-Zirkulation).
Aufgrund der großen Eisflächen und der im Wesentlichen runden Form
des antarktischen Kontinents ist dort der Polarwirbel an seinen
Rändern wenig gestört und es können sehr tiefe Temperaturen bis -85
°C erreicht werden. Auf der Nordhalbkugel aber stören die Gebirge der
hohen Breiten und Meeresströmungen eine solche starke Ausprägung des
Polarwirbels. Es wird wärmere Luft eingemischt. In der Folge können
die Temperaturen nicht so weit absinken und keine PSCs entstehen,
wodurch der Ozonabbau gedämpft wird.
Gegen Ende jedes Jahres wird die Ozonschicht am Südpol wieder
aufgefüllt, wenn der Polarwirbel wieder verschwindet und ozonreiche
Luft aus Richtung Äquator zuströmen kann. Diese Auffüllung wurde in
den letzten Jahren meist erst um Mitte Dezember abgeschlossen. In
diesem Jahr ging das außergewöhnlich schnell und das Ozonloch wurde
bereits vor einigen Tagen, also etwa einen Monat eher, vollkommen
"gestopft".
Auch hinsichtlich seiner Größe setzte das diesjährige Ozonloch einen
neuen "Rekord". Am 22. September erreichte es mit 21,2 Millionen
Quadratkilometern seine maximale Ausdehnung. Das ist das niedrigste
Maximum seit über 20 Jahren. Etwas kleiner war es zuletzt im Jahr
1990. Dass das immer noch jede Menge ist, zeigt der Vergleich mit der
Landesfläche des größten Landes der Welt: Russland. Diese beträgt
ungefähr 17,1 Millionen Quadratkilometer. Die bisher größte
Ausdehnung erreichte das Ozonloch über dem Südpol am 24. September
2006 mit sage und schreibe 29,6 Millionen Quadratkilometern. Nachfolgend können Sie sich eine von der NASA angefertigte Abbildung des
größten beobachteten Ozon-Lochs von 2006 anschauen.
© Deutscher Wetterdienst
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