16. Dezember 2012 | Dipl.-Met. Johanna Anger
Sibirische Kälte
Betrachtet man die aktuelle Wetterkarte, sticht das riesige
Tiefdruckgebiet (NICKI I-III) über dem Nordatlantik ins Auge, dem ein
ebenso massives Hoch (THOMAS) über Russland gegenüber steht. Das
Wetter in Mittel- und Westeuropa wird ganz von dem atlantischen Tief
bestimmt, das mit einer südwestlichen Strömung milde Meeresluft zu
uns lenkt. Im Bereich des russischen Hochs herrscht dagegen strenger
Frost, der nicht von ungefähr gerne als "sibirische Kälte" bezeichnet
wird.
Moskau meldete am gestrigen Samstag beispielsweise Höchsttemperaturen
von minus 13 Grad Celsius. Sonst liegen die Temperaturen dort
tagsüber weitgehend unter minus 15 Grad Celsius. Am kältesten war es
in den Gegenden um Omsk und Novosibirsk im Süden Russlands, wo die
Höchsttemperaturen kaum über minus 35 Grad Celsius anstiegen. In den
Nächten sanken die Werte sogar teils unter minus 40 Grad Celsius ab.
Mit solchen Temperaturen, die meist über mehrere Monate hinweg
deutlich im Minusbereich liegen, bietet Sibirien jeden Winter aufs
Neue beste Voraussetzungen für die Entstehung eines kräftigen
Kältehochs, des sogenannten Sibirienhochs. Dieses Hoch gibt der
sibirischen Kaltluft ihren Namen.
Grundsätzlich wird zwischen dynamisch und thermisch bedingten
Hochdruckgebieten unterschieden.
Dynamische oder auch warme Hochdruckgebiete entstehen durch
großräumiges Absinken von Luftmassen, wodurch der Luftdruck am Boden
ansteigt. Beim Absinken erwärmt sich die Luft und trocknet aus, so
dass sich Wolken auflösen. Liegen diese Hochdruckgebiete über warmem
Wasser, dann wird die Luft dadurch noch zusätzlich erwärmt. Dies gilt
zum Beispiel für das Azorenhoch oder das pazifische Subtropenhoch.
Thermisch bedingte oder kalte Hochdruckgebiete entstehen hingegen,
wenn sich im Winter in den bodennahen Luftschichten durch die starke
Abkühlung des Festlandes sehr viel Kaltluft ansammelt. Die kalte Luft
hat eine größere Dichte als warme Luft und übt somit einen höheren
Druck auf den Boden aus.
Das Sibirienhoch erstreckt sich zurzeit über weite Teile Osteuropas
und den Nordwesten Asiens, wobei sich der Schwerpunkt etwa zwischen
Barentssee und dem Kaspischen Meer befindet. In diesem Bereich lag
der Kerndruck am Samstag bei 1062,5 hPa. Aktuell hat sich der
Kerndruck leicht abgeschwächt und beträgt 1056 hPa.
Das Sibirienhoch zählt generell zu den stärksten Hochdruckgebieten
der Erde. Der Rekord liegt allerdings bei einem Kerndruck von 1083,8
hPa, beobachtet am 31.12.1968 in Agata in Nordwest-Sibirien.
Von diesen Temperaturen sind wir allerdings in Mitteleuropa weit
entfernt. Im Gegenteil, nach der zuletzt kalten und schneereichen
Witterung wird in den kommenden Tagen milde Luft zu uns geführt. Es
bleibt dadurch tagsüber zunächst frostfrei und statt mit Schnee haben
wir es immer wieder mit Regen zu tun.
Natürlich steht die Frage im Raum, ob nicht eventuell doch zu den
Weihnachtsfeiertagen hin noch mal die Kaltluft die Oberhand gewinnt.
Oft ist es in der Tat so, dass sich starke sibirische
Hochdruckgebiete sehr rasch und oft schwer vorhersagbar nach Westen
ausweiten. Allerdings gibt es dafür derzeit keine Anzeichen.
© Deutscher Wetterdienst
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