18. März 2013 | Dipl.-Met. Lars Kirchhübel
Warum hält sich der Winter dieses Jahr so lange und warum strömt die Luft verhältnismäßig oft aus Norden bzw. Osten zu uns?
Vielen Menschen kommt der Winter in diesem Jahr unendlich lang vor.
Immer wieder lassen kräftige Kaltlufteinbrüche aus Norden oder Osten
die Temperaturen in den frostigen Keller sinken. Doch wie schon oft
beschrieben wurde, handelt es sich im Vergleich zu den Wintern des
Zeitraums 1961 bis 1990 um einen ziemlich normalen Winter. Doch im
Gedächtnis vieler Menschen sind insbesondere die milden und zeitweise
auch stürmischen Wintermonate der 90er Jahre hängen geblieben.
In den folgenden Abschnitten soll ein erster Erklärungsversuch für
die unterschiedlichen Witterungsverhältnisse im Winter unternommen
werden. Dabei bietet es sich an, die sogenannte
Nordatlantik-Oszillation (NAO) zu betrachten, die in der Meteorologie
für die Beschreibung des Zusammenspiels zwischen dem Islandtief und
dem Azorenhoch herangezogen wird.
Was beschreibt die Nordatlantik-Oszillation (NAO)?
Bei der NAO handelt es sich um eine sehr großräumige Druckverteilung,
die in der Meteorologie bevorzugt im Winter zur Erklärung von
Witterungsphasen oder auch Klimaeinschätzungen für die Nordhemisphäre
eine bedeutende Rolle spielt. Dabei beschreibt die Nordatlantische
Oszillation den Druckunterschied zwischen dem Islandtief und dem
Azorenhoch. Je nachdem ob die Differenz positiv oder negativ ist,
lassen sich Aussagen über die Stärke der in den gemäßigten Breiten
dominierenden Westströmung machen. Die zeitliche Änderung der
Druckunterschiede wird dabei üblicherweise durch einen Index
abgebildet.
Bei einem Luftdruckgegensatz zwischen einem starken Azorenhoch und
einem ebenfalls ausgeprägten Islandtief spricht man von einem
positiven NAO-Index. In diesem Fall stellt sich eine starke westliche
Strömung über dem Atlantik bis nach Mitteleuropa ein. Diese führt
dann meistens verhältnismäßig warme und feuchte Luft heran, die
häufig zu kräftigen Niederschlägen in Form von Regen führt. Dabei
entwickeln sich starke Winterstürme, die vom Atlantik über
Großbritannien nach Mitteleuropa übergreifen. Im Mittelmeerraum
herrscht durch das Azorenhoch bei östlicher Strömung gleichzeitig
weitestgehend kühles und trockenes Wetter vor.
Bei einem negativen NAO-Index sind das Azorenhoch sowie auch das
Islandtief schwach ausgeprägt. Wegen der fehlenden stärkeren
Druckgegensätze bildet sich nur eine schwache Westströmung aus. Als
Folge kann sich das Russlandhoch weit nach Westen ausbreiten.
Atlantische Tiefausläufer werden somit blockiert und müssen
notgedrungen auf eine südliche Bahn ausweichen. Vom Atlantik kommend
ziehen sie dann meistens über Spanien in den Mittelmeerraum. Während
es dort zu stärkerem Regen kommt, wird Mitteleuropa in dieser Phase
von kalter Luft aus Nord- bzw. Osteuropa mit zeitweiligen
Schneefällen heimgesucht.
Der aktuelle Winter lässt sich sehr gut als Beispiel für den Einfluss
der NAO auf das Wetter in Deutschland heranziehen. Bis Mitte Dezember
spielen Islandtief und Azorenhoch keine Rolle für das Wettergeschehen
in Mitteleuropa. Der NAO-Index lag daher fast durchgehend im
negativen Bereich. Die zu der Theorie passende Zufuhr von kalter Luft
aus Norden oder Osten wurde durch ein Hoch über dem Nordatlantik
hervorgerufen. Ein Tief über Mitteleuropa führte bei Nordwind zu
Schneefällen. Über Weihnachten bis Mitte Januar herrschte dann eine
milde Witterung mit auffrischendem Wind vor, was auch durch einen
positiven Index bestätigt wurde. Von Mitte Januar bis Mitte Februar
wechselten sich positive und negative NAO-Indizes ab. Auch das Wetter
präsentierte sich wechselhaft. Dominierte Mitte Januar kalte Luft,
herrschte zum Monatswechsel windig mildes Wetter vor. Ab Mitte
Februar rutschte der Index dann deutlich in den negativen Bereich ab.
Auch dies passte sehr gut zu dem Wetterabschnitt in den letzten
Wochen. Ein ausgeprägtes Hoch über Skandinavien breitete sich
teilweise weit nach Süden aus und blockierte die Tiefausläufer. Über
Deutschland konnte sich der Spätwinter mit teilweise sehr kalten
Temperaturen und Schneefällen, die gebietsweise auch stark ausfielen,
festsetzen.
Insgesamt kann die Witterung in diesem Winter sehr gut mit Hilfe der
NAO erklärt werden. Da der Index sich relativ träge verhält, ist auf
Basis des Trends sogar eine Prognose der Witterung in der nahen
Zukunft möglich und dieser zeigt weiterhin eher in Richtung Winter.
Hoffen wir mal, dass die NAO bald die Weichen auf Frühling stellt.
© Deutscher Wetterdienst
Bild: wiki.bildungsserver.de
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