28. März 2013 | Dipl.-Met. Christian Herold
Kleine Eiszeit
Nicht nur der Nordosten Deutschland hat mit den winterlichen
Bedingungen zu kämpfen: Ein Großteil von Nord- und Osteuropa befindet
sich unter einer Schneedecke. In Kiew gab es einen der schlimmsten
Schneestürme des letzten Jahrhunderts und in Moskau liegen
rekordverdächtige 80 cm Schnee. Auch in Nordirland traten kräftige
Schneefälle mit Verwehungen auf. Zudem herrscht in Nord- und
Osteuropa seit längerer Zeit Frost, wobei einige Rekorde gebrochen
worden sind. In Nordostdeutschland wird der März im Vergleich zum
langjährigen Mittel (1961-1990) zum Teil über 4 Grad zu kalt
ausfallen.
Man könnte meinen, dass die derzeitige Witterung in Nord- und
Osteuropa schon fast an das Klima der "Kleinen Eiszeit" erinnert.
Dies war eine relativ kalte Klimaperiode, die von Anfang des 15. bis
in die Mitte des 19. Jahrhunderts hinein reichte. Damals war die
globale Durchschnittstemperatur über 1 Grad kälter als heute. Lang
anhaltende Winter, die bis weit ins Frühjahr andauerten, kamen zu
dieser Zeit demnach häufiger vor. Die Hauptursachen der "Kleinen
Eiszeit" lagen zum einen bei einer verringerten Strahlungsaktivität
der Sonne, das sogenannte Maunderminimum (1645 - 1715), das eine
Periode von geringer Sonnenfleckenaktivität darstellte und nach dem
Astronom Edward Maunder (1851 -1928) benannt wurde. Zum anderen gab
es auch häufiger Vulkanausbrüche. Dadurch gelangten
Schwefelsäuretröpfchen und Staub bis in die höhere Atmosphäre,
wodurch die eh schon verringerte Sonnenstrahlung noch weiter
abgeschwächt wurde. Die unteren Atmosphärenschichten kühlten sich
deshalb stark ab.
In der Kleinen Eiszeit gab es weitaus schlimmere Wetterkapriolen als
die derzeitige Kältewelle. Herausragend war dabei der Winter
1708/1709, in dem sogar der Gardasee komplett zugefroren war.
Nachtfröste kamen bis in den Juli hinein vor. Auch der harte Winter
1739/40, in dem der Bodensee zufror, dauerte bis Ende April. Nach dem
Ausbruch des Vulkans Tambora auf der Insel Sumbawa in Indonesien im
Jahr 1816 kühlte es sich so stark ab, dass es sogar im Sommer
verbreitet zu Nachtfrösten kam. In der Schweiz schneite es im Juli
und im August mehrmals bis in tiefe Lagen. Die Folge waren Missernten
und Hungersnöte. Das Jahr 1816 ging als "das Jahr ohne Sommer" in die
Geschichte ein. Die Abkühlung während der "Kleinen Eiszeit" sorgte
für ein verstärktes Gletscherwachstum in den Alpen, wodurch diese um
1850 ihre größte Ausdehnung seit etwa 8000 Jahren erreichten. Ganze
Alpendörfer wurden damals durch die vorstoßenden Eismassen zermalmt.
Eine neue "Kleine Eiszeit" oder ein Jahr ohne Sommer stehen uns
aktuell wohl nicht bevor. So wird es auch in diesem Jahr letztendlich
wieder Frühling und vor allem auch Sommer werden, auch wenn wir uns
noch etwas gedulden müssen. Denn die Wettermodelle zeigen derzeit bis
zum Ende der 1. Aprilwoche keine grundlegende Umstellung der
Großwetterlage und damit auch keine deutliche Erwärmung.
© Deutscher Wetterdienst
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