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30. März 2013 |

Von einem Ort namens ITCZ ...

Wenn Sie gerade auf das heutige Thema des Tages gestoßen sind,
empfehle ich Ihnen, es sich auf dem Sofa gemütlich zu machen und das
Vorlesen einer netten Person in Ihrer Umgebung zu überlassen.

Schließen Sie die Augen ... Sie begeben sich auf eine lange Reise nach
Süden, auf der Suche nach Wärme und Sonne. Kurz vor dem Erreichen des
Äquators haben Sie Ihr Ziel erreicht. Es befindet direkt über Ihnen
(im Zenit) und zeigt sich als großer gelber Ball. Da ist sie, die
Sonne. Am 20.März, dem Beginn des kalendarischen Frühjahres, stand
sie noch genau senkrecht über dem Äquator. Für uns bedeutete das ganz
praktisch: Tag- und Nachtgleiche.

Seitdem ist der Sonnehöchststand noch ein Stück weiter nach Norden
vorangekommen und die Tage in unserer Heimat sind bereits länger als
die Nächte. Knapp nördlich des Äquators, wo wir uns gedanklich gerade
befinden scheint die Sonne senkrecht vom Himmel und erhitzt dabei die
Erde. Vögel zwitschern, kaum ein Lüftchen weht und man muss
aufpassen, dass man auch genug trinkt bei dieser schwülen Hitze.

Bereits zur Mittagszeit zeigen sich die ersten Wolken, die sich immer
höher auftürmen. Die bodennahen Luftschichten haben sich durch die
Sonnenstrahlen stark erhitzt und sind dadurch leichter (geringere
Dichte) als die sich darüber befindliche kältere und schwerere
Luftschicht. Die Folge ist ein Aufsteigen der warmen Luftmassen.
Diese kühlen sich dabei ab und die relative Luftfeuchtigkeit steigt.
Ab einem bestimmten Punkt ist die Luft gesättigt und kondensiert. Wo
und wann dies erreicht wird, sieht man dann am Boden anhand von
Wolken. Diese Wolken sind nichts anderes als eine Ansammlung von
Wassertröpfchen, die so groß sind, dass Sie aufgrund der Streuung des
Lichtes weiß erscheinen.

Zum Nachmittag ist es schließlich soweit, aus den weißen Wolken sind
vielfach graue bis schwarze Wolkentürme geworden. Diese enthalten so
viele Wassertropfen, dass sie das Licht zum Teil verschlingen,
weswegen sie nicht mehr so schön weiß erscheinen. Spätestens wenn die
ersten Blitze vom Himmel zucken, sollte man sich einen sicheren
Unterstand gesucht haben und abwarten, bis die zum Teil große
Regenmengen abladenden Gewitter vorüber sind. Am Abend mit der
langsam nach unten sinkenden Sonne beginnt es überall zu dampfen. Die
Nässe am Boden verdampft und reichert die Atmosphäre wieder mit
Feuchtigkeit an.

So geht es jeden Tag an diesem Ort. Sonne und Wärme, ehe es in der
zweiten Tageshälfte die verdiente Abkühlung gibt. Wo wir sind? Wir
befinden uns an einem Ort, der den Namen "Innertropische
Konvergenzzone" trägt. Die Abkürzung ITCZ, die sich im Titel findet,
ergibt sich aus dem Englischen (InnerTropical Convergence Zone).
Konvergenz bedeutet soviel wie Zusammenströmen. Durch das Aufsteigen
der warmen Luft muss irgendwoher die Luft nachströmen. Das geschieht
sowohl von Norden und Süden. Beide Strömungen treffen genau dort
aufeinander, wo die sich die ITCZ befindet.

Die Lage der innertropischen Konvergenzzone im Juli (rot) und im Januar (blau)
Die Lage der innertropischen Konvergenzzone im Juli (rot) und im Januar (blau)


Die innertropische Konvergenzzone bildet sich immer dort, wo es die
größte Erwärmung der Erdoberfläche gibt und das ist in der Regel
dort, wo die Sonne genau im Zenit steht. Natürlich ist es nicht eine
dünne Linie, sondern einen mehrere hundert Kilometer breiter Bereich.
Daher auch der Begriff Zone. Im Laufe des Jahres wandert die ITCZ
mit dem Sonnenstand, bewegt sich also gerade nach Norden. Das
geschieht nicht überall gleich schnell, denn Land und Meer erwärmen
sich unterschiedlich stark. Während die ITCZ über dem Wasser im Laufe
des Jahres nur recht wenig nach Norden/Süden wandert, sind die
Unterschiede über den Landmassen zwischen Sommer und Winter recht
groß.

Bis zum 21.Juni werden sich der Zenitstand der Sonne und damit auch
die innertropische Konvergenzzone noch weiter nach Norden bewegen.
Bei uns ist an diesem Datum der längste Tag und die kürzeste Nacht.
Gleichzeitig beginnt damit bei uns auch der kalendarische Sommer. Es
ist also noch etwas Zeit, bis der atmosphärische Motor auf
sommertaugliche Werte aufgewärmt sein muss. Damit lasse ich sie nun
noch etwas in warmen Gedanken schwelgen.

Denjenigen, die eher Gefallen an der kalten Witterung haben, möchte
ich auch noch eine Empfehlung aussprechen. Wie wäre es an diesem
Osterwochenende mit einem kleinen Winterspaziergang? Besonders im
Süden und Osten, aber auch in einigen anderen Landesteilen lässt sich
das sogar bei Schnee machen. Vielleicht ist da auch noch die ein oder
andere Langlaufrunde möglich. Während wir zu Weihnachten Rekordwärme
hatten, müssen wir am Osterfest und darüber hinaus erst einmal weiter
frieren...

Dipl.-Met. Marcus Beyer
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 30.03.2013

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