23. April 2013 | Dipl.-Met. Christian Herold
Der Schmetterlingseffekt
Häufiger erhalten wir Anfragen der Art: "Wir wollen in 2 Monaten
heiraten. Wie wird an unserem Hochzeitstag das Wetter". In solchen
Fällen müssen wir das Hochzeitspaar leider enttäuschen, denn
Wettervorhersagen sind für einen so langen Zeitraum nicht möglich.
Doch warum sind dem Vorhersagezeitraum Grenzen gesetzt und wo liegen
die Grenzen der Vorhersagbarkeit?
Um diese Frage zu beantworten, soll zunächst kurz erklärt werden, wie
Wettervorhersagen in der Regel entstehen. In der heutigen Zeit leitet
der Meteorologe seine Wetterprognose aus den Rechenergebnissen
sogenannter Wettermodelle ab. Dabei wird von einem
Hochleistungsrechner aus einem gegebenen Anfangszustand der
Atmosphäre mit Hilfe von Gleichungen der Zustand zu einem späteren
Zeitpunkt berechnet. Der Anfangszustand ergibt sich aus den
Stationsbeobachtungen, Messungen von Bojen, Schiffen und Flugzeugen,
Ballonaufstiegen sowie aus Satelliten- und Radardaten. Wettermodelle
liefern dem Meteorologen nicht nur die Feuchte- und Druckverteilung
in verschiedenen Höhen, sondern auch Parameter wie die Temperatur,
den Bedeckungsgrad sowie die Niederschläge.
Das Problem an den Berechnungen ist jedoch, dass die Atmosphäre ein
chaotisches System ist. Das heißt, dass der zukünftige Zustand der
Atmosphäre stark von den Anfangsbedingungen abhängt. Nur geringe
Abweichungen in diesen Anfangsbedingungen können in der Zukunft zu
einer völlig andern Wetterentwicklung führen. Der amerikanische
Meteorologe Edward N. Lorenz, der Begründer der Chaostheorie,
veranschaulichte diesen Effekt damit, dass ein Flügelschlag eines
Schmetterlings in Brasilien unter Umständen einen Tornado in Texas
auslösen kann. Heute ist dies als der sogenannte Schmetterlingseffekt
bekannt. Lorenz gelang zu dieser Entdeckung bei Computerrechnungen,
die das Verhalten von Gasen und Flüssigkeiten simulierten.
Nun lässt sich der Anfangszustand der Atmosphäre für die
Wettermodelle nicht beliebig genau bestimmen. Zum einen gibt es nicht
für jeden Punkt der Atmosphäre Messungen, zum Anderen sind alle
Beobachtungen in einem gewissen Rahmen fehlerbehaftet. Des Weiteren
sind die Gleichungen in den Wettermodellen zum Teil nur Näherungen.
So werden die Modellrechnungen mit zunehmender Vorhersagezeit immer
unsicherer. Wie lange das Wetter noch einigermaßen vorhersagbar ist,
hängt von der Wetterlage ab. Bei stabilen Wetterlagen ist der
Zeitraum entsprechend länger, während er bei Grenzwetterlagen oft nur
wenige Tage beträgt. Im Allgemeinen gilt jedoch, dass das Wetter
derzeit, ohne auf regionale Detailprognosen einzugehen, im Mittel
etwa 7 Tage vorhersagbar ist. Bis zu 10 Tagen kann man noch einen
groben Trend angeben.
Um das Problem mit dem Chaos zumindest etwas in den Griff zu
bekommen, werden sogenannte Ensemblerechnungen durchgeführt. Das
bedeutet, dass ein Wettermodell mehrere Male mit jeweils leicht
variierten Anfangsbedingungen gerechnet wird. Wenn sich jetzt
bestimmte Wetterentwicklungen in den Berechnungen häufen, sind diese
am wahrscheinlichsten. Zudem lassen sich dadurch Aussagen über die
Vorhersagesicherheit treffen.
Dennoch wird sich auch in Zukunft trotz immer besserer Computer und
genaueren Messdaten, die mögliche Vorhersagezeit nur langsam
verlängern. Denn auch in Zukunft wird sich nicht jeder Flügelschlag
von Schmetterlingen erfassen lassen. Der Mathematiker und
Chaosforscher Wladimir Igorwitsch Arnold stellte fest, dass die
prinzipielle Grenze von Wettervorhersagen bei 2 Wochen liegt.
© Deutscher Wetterdienst
Bild: DWD
Themenarchiv:
17.04. - Niederschlagsbilanz
16.04. - Starker Temperaturkontrast mit Folgen
15.04. - Große Wetter- und Temperaturkontraste über Deutschland
14.04. - Niederschläge auf der Alpensüdseite
13.04. - Endlich Regen – aber Vorhersage mit Tücken
12.04. - Das neue Naturgefahrenportal (NGP) des Deutschen Wetterdienstes
11.04. - Der Wind, der Wind, …
10.04. - Sonnige Aussichten
09.04. - Erster Sommertag am Wochenende?
08.04. - Wichtige Links auf der Homepage
07.04. - Temperatursturz par excellence: Lappland wärmer als Leipzig?
06.04. - Auf der Suche nach dem Regen
05.04. - Zunehmende Trockenheit und ihre Auswirkungen
04.04. - Unwetter auf den Kanaren
03.04. - Auf Frühlingswärme folgt Temperatursturz
02.04. - Deutschlandwetter im März 2025
31.03. - Wettercasts
30.03. - Hagelstürme in Europa
29.03. - Gekonntes Täuschungsmanöver
28.03. - Neues satellitengebundenes Blitzmesssystem hilfreich für Wetterwarnungen?
27.03. - Phantastische Atmosphärenmuster und wo sie zu finden sind
26.03. - Das Wetter zur partiellen Sonnenfinsternis
25.03. - Rekordverdächtiger US-Tornado-Outbreak vom 14. bis 16.03.2025
24.03. - Erste Frühlingsgewitter samt lokalem Starkregen
23.03. - Der Welttag der Meteorologie 2025
22.03. - Übergang zu wechselhaftem Frühlingswetter
21.03. - Hält die Niederschlagsarmut an?
20.03. - Frühlingshaftes Hochdruckwetter, aber…
19.03. - Wenn die Müdigkeit im Frühjahr zuschlägt
18.03. - Die Zeichen stehen auf Frühling